Cannstatter Zeitung / Untertürkheimer Zeitung – red, 23.03.2020
Stuttgarter Zeitung / Stuttgarter Nachrichten 19. März 2020
Mitmachen Ehrensache erwirtschaftete 17.400 Euro
Bad Cannstatt – In Zeiten der Coronavirus-Pandemie eine gute Nachricht: Statt zur Schule zu gehen, jobbten 613 Stuttgarter Mädchen und Jungen am Internationalen Tag des Ehrenamts 2019, dem 5. Dezember, im Rahmen der Aktion Mitmachen Ehrensache bei 346 verschiedenen Arbeitgebern. Die Jugendlichen verzichteten auf das verdiente Geld und spendeten es drei ausgewählten sozialen Projekten. 17.400 Euro haben die Schülerinnen und Schüler erarbeitet. Der Gesamterlös wird normalerweise im Rahmen einer feierlichen Scheckübergabe an die Projekte überreicht. Im Anschluss werden die Jugendlichen für ihr soziales Engagement ausgezeichnet. „Das Veranstaltungsverbot hat auch uns getroffen, wir haben die Danke-Aktion abgesagt,“ bedauert Gabi Kircher von der Stuttgarter Jugendhaus-Gesellschaft, Leiterin der Aktion. „Aber es gibt im Moment Wichtigeres. Gesamtgesellschaftliche Verantwortung und solidarisches Handeln sind gefragt. Genau diese Werte vertritt Mitmachen Ehrensache.“ Nun wird der Erlös an die Einrichtungen überwiesen und die Jugendlichen erhalten ihre Zertifikate und kleine Geschenke per Post.
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Knapp 7.000 Euro für Sportkreis
6.960 Euro bekommt der Caritasverband Stuttgart für das „Haus für Kinder“ in Bad Cannstatt. Über den gleichen Betrag freut sich die Einrichtung „move&do“ des Sportkreis Stuttgart. Mit dem Geld werden Schulprogramme durchgeführt, die das selbstregulierte Handeln zur Verbesserung des sozialen Miteinanders der Schülerinnen und Schüler fördern. Weitere 3.480 Euro kommen dem Verein Leseohren für die Ausbildung der ehrenamtlichen Lesepaten zu Gute. Sie vermitteln Stuttgarter Kindern Spaß und Freude an Sprache, Geschichten und Literatur. Dabei leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Förderung von Lese- und Sprachkompetenz.
Spitzenreiter aus Feuerbach
Spitzenreiter bei den teilnehmenden Schulen ist das Neue Gymnasium Leibniz in Feuerbach mit 76 Teilnehmern, gefolgt von der Jahn-Realschule Bad Cannstatt mit 73 Teilnehmern. Neu dabei war die Waldschule Degerloch, bei der auf Anhieb 64 Schüler für gute Zwecke jobbten. Zentral für das Gelingen des Aktionstags sind die Arbeitgeber, die den Jugendlichen die Möglichkeit bieten, für gute Zwecke zu jobben. Die Spannbreite ist groß und reicht von Apotheken, Arztpraxen, Blumenläden, Drogerien, Krankenhäusern, Supermärkten, Bäckereien, Hotels über Rechtsanwaltskanzleien, Handwerksbetrieben bis hin zu Kindertagesstätten. „Viele Arbeitgeber sind seit Jahren verlässliche Partner von Mitmachen Ehrensache. Dazu gehören viele kleine Betriebe, aber auch große Unternehmen wie die Handwerkskammer Region Stuttgart, das Jugendamt der Stadt Stuttgart, die Börse Stuttgart und die Firma Trumpf in Ditzingen,“ so Kircher.
Mehr als 10.000 Teilnehmer landesweit
Mitmachen Ehrensache verbindet soziales Engagement mit niedrigschwelliger Berufsorientierung, eine Kombination, die viele Jugendliche gut finden. „Für mich ist es wichtig, anderen zu helfen, denen es nicht so gut geht wir mir. Mit dem Geld, das ich am Aktionstag verdiene und spende, kann ich dazu beitragen, dass soziale Projekte für Kinder und Jugendliche unterstützt werden,“ begründet die 14-jährige Jasmin Frey ihr Engagement. Sie ist seit diesem Jahr Mitmachen Ehrensache-Botschafterin an der Jahn-Realschule und hat am Aktionstag bei einer DKMS-Typisierungsaktion an der Börse Stuttgart mitgeholfen.
Auch der Geschäftsführer der Stuttgarter Jugendhaus-Gesellschaft, Ingo-Felix Meier, freut sich über das diesjährige Ergebnis. „Landesweit konnten wir beim Aktionstag die Marke von 10 .000 Teilnehmern knacken, ein toller Erfolg. Insgesamt beteiligten sich in 23 Aktionsbüros 10 .272 Jugendliche und erarbeiteten 275. 509 Euro für viele verschiedene soziale Zwecke. Das Engagement zahlt sich für alle Beteiligten aus.“ Die Stuttgarter Jugendhaus-Gesellschaft ist zusammen mit der Jugendstiftung Baden-Württemberg seit 2003 Träger der Aktion.
Sport half gegen die Selbstmord-Gedanken
Kölner Express Sonntag, 23. Februar 2020 · Von Michael Schwamborn
Foto: GES
Berlin – Wer den 25-jährigen Philipp Schaupp in dieser Woche bei den Laureus-Awards in Berlin beobachtet hat, sah einen selbstbewusst wirkenden jungen Mann, blonde Mähne, muskulöse Oberarme. Der Schwabe ist angehender Landschaftsbauer, engagiert sich in der freiwilligen Feuerwehr. Doch hinter ihm liegen dunkle Jahre.
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Wenn Philipp über seine Kindheit spricht, stockt die Stimme und die Augen werden glasig. „Ich habe in meiner Kindheit Gewalt erfahren“, sagt er leise. „Ich wurde in der Schule so oft fertig gemacht und habe ziemlich viel Mobbing erlebt, weil ich vielleicht fünf Minuten länger für eine Aufgabe gebraucht habe als andere. Wenn ich an die Tafel musste, ging mein Adrenalin hoch, mein Kopf hat zugemacht. Dann hieß es aus der Klasse: ’Was willst du überhaupt da vorne? Du kannst es doch eh nicht und bist zu blöd dafür’. Man hat sich nur noch schlecht und doof gefühlt. Das hat mich richtig kaputt gemacht.“ Daher wollte Philipp schon früh aufgeben. „Mit acht Jahren habe ich mir vorgestellt, dass die Welt ohne mich schöner wäre. Da habe ich mir einfach gedacht: Was bringt es noch? Wenn ich nicht mehr da bin, müssen die einen weniger mobben, und ich hätte diesen Schmerz nicht mehr.“
Philipp Schaupp betrachtet in seinem Zimmer die Fotos aus seiner Kindheit, als er keinen Lebensmut mehr hatte.
Doch in dieser Phase half das neugegründete Laureus-Jugendprogramm move&do. Philipp war 2007 einer der ersten Teilnehmer. Durch erlebnispädagogische Angebote wie Klettern, Radfahren oder Bootstouren soll das Selbstbewusstsein und der Mut der Schüler gestärkt werden. „Er kam als kleiner Junge zu uns, sehr zerbrechlich, zurückhaltend“, erinnert sich Projektleiter Marcus Weber. „Wenn Menschen Probleme mit einer psychischen Überlastung haben, erstarren sie, wollen nicht mehr vorangehen. Bevor jemand in eine Therapie geht, kann die Bewegung schon helfen. Wir kommen zu Trainingseinheiten in die Schulen und dort fallen uns Kinder auf, die mehr Ansprache benötigen als nur gemeinsam Kanu zu fahren oder klettern zu gehen.“
Philipp genoss es, die sieben Meter hohe Kletterwand des Projektes zu sichern. „Ich hatte auf einmal Rückhalt und Vertrauen. Das hat mich wieder auf die richtige Bahn gebracht. Die Projektleiter haben mir eine Aufgabe gegeben. Es hat sich richtig gut angefühlt. Erst hatte ich keine Lust mehr zu leben,und dann wurden mir Kinder anvertraut, die ich beim Klettern sichern musste“, sagt der 25-Jährige stolz. „Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass ich doch zu etwas gut bin. Jetzt läuft alles wieder den gewohnten Gang.“
Für Philipp war der Sport der perfekte Türöffner. „Gerade, wenn man irgendwelche Probleme hat, ist Sport hilfreich. Man kann sich austoben, Aggressionen rauslassen.“
Ohne gezielte Förderung würden viele Kinder aber auf der Strecke bleiben. „Viele Lehrer sind angesichts ihrer zahlreichen Aufgaben bei der Schulung von sozialen Kompetenzen überfordert. Deshalb ist übergreifendes soziales Engagement, so wichtig, damit sozialschwache Kids nicht durchs Netz fallen“, sagt Projektleiter und Prozesstrainer Weber.